Interesse steigern – Image stärken

Wie erreicht die Wissenschaftskommunikation Menschen, die sich kaum oder nicht für die Wissenschaft interessieren? Professor Mike S. Schäfer über Herausforderungen und Chancen in der heutigen Medienwelt.

Lange Zeit war der Wissenschaftsjournalismus der wichtigste Weg, um die Öffentlichkeit zu erreichen. Was hat sich verändert?

Ich sehe drei zentrale Entwicklungen: Erstens beobachten wir einen Rückgang des Wissenschaftsjournalismus, weil viele Medien ihre Kosten reduzieren. Zweitens bauen Hochschulen, Wirtschaft und politische Akteure ihre PR zu Wissenschaftsthemen aus. Dazu gesellt sich, drittens, die Digitalisierung: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber auch andere Akteure können online direkt mit der Bevölkerung in einen Dialog treten.

Gemäss Ihrem «Wissenschaftsbarometer Schweiz» interessiert sich etwa die Hälfte der Bevölkerung für Wissenschaft. Wie kann man der anderen Hälfte Wissenschaft schmackhaft machen?

Nicht mit noch mehr Informationen. Im akademischen Umfeld denkt man bei Wissenschaftskommunikation immer noch vornehmlich an Wissensvermittlung – man will Fakten weitergeben und Befunde erklären. Schliesslich ticken wir Wissenschaftler selbst so. Traditionellerweise gibt es in den Medien eine Vielzahl solcher Angebote. Die Forschung hat aber deutlich gezeigt, dass diese nur von dem Teil der Bevölkerung konsumiert werden, der bereits eher wissenschaftsaffin ist.

Welches sind die Alternativen?

Wenn man mehr Leute erreichen will, muss man in den Medien und Gefässen kommunizieren, die sie ohnehin nutzen. Das können Unterhaltungssendungen, Boulevardmedien oder fiktionale Formate sein. Oder eben Online-Kanäle. Und dort braucht man teils andere Inhalte: Man muss Forscherinnen und Forscher als Menschen zeigen, die für ihre Themen brennen, man muss ihre Arbeit in Geschichten verpacken usw. Dies spricht viele Leser und Zuschauer an.

Mit einer solchen Kommunikation wird zwar in der Regel kein Wissenstransfer erreicht. Aber wenn man es gut macht, kann man so das Interesse an der Wissenschaft steigern und deren Image stärken – bei allen Bevölkerungsgruppen.

Der SNF fördert mit dem Instrument «Agora» den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Seit kurzem sind Sie Präsident der Agora-Kommission, welchen Eindruck haben Sie gewonnen?

Ich finde es grundsätzlich gut und wichtig, dass sich eine Institution auf nationaler Ebene wie der SNF das Thema Wissenschaftskommunikation auf die Fahnen schreibt. Einzelne Hochschulen vertreten in ihrer Kommunikation ja meist auch Eigeninteressen. Der SNF kann dazu beitragen, eine übergeordnete Sicht zu schaffen. Allerdings ist bei den Forschenden noch zu wenig bekannt, dass sie dank Agora finanzielle Unterstützung für öffentliche Kommunikationsmassnahmen erhalten können.

Agora: Wissenschaft und Gesellschaft im Dialog

Forschungsresultate für ein Laienpublikum aufzubereiten und mit ihm zu diskutieren, erfordert zusätzlichen Aufwand. Mit seinem Instrument «Agora» finanziert der SNF solche Projekte. Dies können zum Beispiel Ausstellungen, multimediale Präsentationen oder Laborexperimente sein. Agora-Projekte ermöglichen Begegnungen und gegenseitiges Zuhören und regen dadurch den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft an.