Passender Eingriff dank Simulator

Die infantile Zerebralparese behindert das Gehen von Kindern. Die Wahl der richtigen Behandlung ist schwierig. Stéphane Armand entwickelt einen Simulator, mit dem Ärztinnen und Ärzte operative Eingriffe testen.

Die medizinische Bildgebung ist grundsätzlich statisch. Unsere Forschung soll sie dynamischer machen.» Das Spezialgebiet von Stéphane Armand ist das Studium des Gehens. Für die meisten Menschen ist Gehen eine Selbstverständlichkeit, doch im Falle einer Zerebralparese ist nichts mehr selbstverständlich. Diese Krankheit betrifft pro Jahr rund 200 Kinder in der Schweiz. «Die motorischen Symptome sind zahlreich und vielfältig», so der Biomechaniker der Universität Genf. «Manche Kinder gehen auf den Zehenspitzen, mit gebeugten Knien und eingedrehten Hüften. Die genauen Gründe sind sehr schwer zu erkennen. Wir möchten mit unserer Forschung die Diagnostik verbessern und dazu beitragen, die beste Therapie zu bestimmen.»

Porträt der Gangart

Stéphane Armand entwickelt deshalb einen Online-Gehsimulator, gemeinsam mit einem Team für Biorobotik der EPF Lausanne und einem Team für künstliche Intelligenz der Hochschule für Management in Genf. Finanziert wird seine Arbeit durch das SNF-Programm Sinergia, das interdisziplinäre Projekte fördert. In Zukunft sollen Ärztinnen und Ärzte in den Simulator Informationen über die Gehprobleme ihrer Patientinnen und Patienten eingeben. Danach simulieren sie die Wirkung verschiedener chirurgischer Eingriffe und legen die Behandlung fest.

Für die Entwicklung des Simulators benötigt der Forscher Daten von betroffenen Kindern. Diese Analysen nimmt er in einem Gang der orthopädischen Abteilung des UniversitätssUniversitätsspitals Genf vor. Optoelektronische Kameras filmen das Gehen von Patientinnen und Patienten und digitalisieren alle Bewegungen. Kleine Kreise, die auf der Haut befestigt sind, reflektieren Infrarotstrahlen und erlauben eine permanente genaue Positionierung; die gleiche Technik wird für Spezialeffekte in Spielfilmen verwendet. Sensoren an den Muskeln messen die elektrischen Ströme, die Hinweise auf die muskuläre Aktivierung geben. Gleichzeitig registriert eine Plattform, wie die Füsse auf den Boden auftreten.

Grosse Datenmengen nötig

Alle diese Daten werden kombiniert, um ein Porträt der Beeinträchtigungen eines Patienten zu erstellen. «Wir wollen den Einfluss von muskuloskeletalen Problemen auf das Gehen besser verstehen und gleichzeitig das Gegenteil ermöglichen: ein motorisches Defizit aufgrund unserer Messungen diagnostizieren», sagt Stéphane Armand.

Er kooperiert mit Spitälern im Ausland, um mehr Daten zu sammeln. Grosse Datenmengen sind entscheidend für das maschinelle Lernen – eine Methode der künstlichen Intelligenz. Nur so ist es möglich, verlässliche Zusammenhänge zwischen Labormessungen und motorischen Behinderungen herzustellen. Mit ihrer Arbeit setzt die Genfer Forschungsgruppe Standards, die generell für die Analyse von Bewegungsstörungen nützlich sein werden.