Open Access: bis 2020 für alle Publikationen?

Auf europäischer Ebene werden die Bestrebungen intensiviert, das Publikationssystem in Richtung Open Access (OA) umzubauen. Auch in der Schweiz kommt Bewegung in diese dringliche Angelegenheit: Das SBFI hat swissuniversities damit beauftragt, gemeinsam mit dem SNF eine nationale OA-Strategie auszuarbeiten.

Der SNF verlangt seit 2008 von Forschenden, die er unterstützt, dass sie ihre Resultate öffentlich und kostenlos zugänglich machen. Bereits 2006 unterzeichnete er die Berliner Erklärung, die den unentgeltlichen, weltweiten Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungsresultaten und deren freie Weiterverwendung unter Angabe der Urheberschaft fordert.

Andere haben derzeit mehr Schwung

Der SNF verfolgt eine im internationalen Vergleich fortschrittliche OA-Politik. Dennoch hat die Berlin Conference vom Dezember 2015 gezeigt, dass die Schweiz bezüglich der Umsetzung von «Open access to publications» etwas an Schwung verloren hat. Aktuelle Vorreiter sind die Niederlande, UK und Österreich. Seit kurzem ermöglichen diese Länder ihren Forschenden den Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen mittels Offset-Agreements: Dabei werden in den Verhandlungen mit den Verlagen um den Freikauf einzelner Zeitschriften für Open Access die heutigen Subskriptionsgebühren angerechnet. Diese Verträge führen als Nachteil zu nationalen OA-Inseln.

Die Niederlande gehen voran

Im Rahmen ihrer aktuellen EU-Präsidentschaft haben die Niederlande eine OAOffensive gestartet. So verlangt die niederländische Förderungsorganisation NWO als weltweit Erste, dass Forschungsergebnisse aus von ihr finanzierten Projekten sofort und uneingeschränkt zugänglich sind. Für den EU-Forschungsraum streben die Niederlande bereits auf 2020 nahezu 100 Prozent OA bei wissenschaftlichen Publikationen an. Voraussetzung dafür ist, dass die europäischen Staaten, basierend auf nationalen, gegenseitig synchronisierten OA-Strategien, den Umbau des Publikationssystems nun zügig in Angriff nehmen. Dies wird angesichts der fortschreitenden Machtkonzentration bei grossen gewinnorientierten Verlagen nicht einfach sein. Universitäten, Bibliotheken und Forschende sehen sich jedenfalls mit weiter steigenden Publikationskosten konfrontiert. Berechnungen der Max Planck Digital Library haben gezeigt, dass die 7,6 Mrd. Euro, die pro Jahr weltweit via Subskriptionsgebühren ins Publikationssystem fliessen, für einen Umbau zu OA ausreichen müssten.

Wo steht die Schweiz?

SBFI, swissuniversities und SNF haben Ende 2015 den Handlungsbedarf bezüglich OA identifiziert und sich auf folgende Aktionslinien geeinigt:

  • Verhandlungen mit den Verlagen auf nationaler Ebene
  • Markttransparenz (Offenlegung von Finanzen und Zahlungen)
  • Zweitveröffentlichungsrecht in der anstehenden Urheberrechtsrevision
  • Monitoring der OA-Publikationen und ihrer Finanzierung
  • OA-Information und -Sensibilisierung der Forschenden

Das SBFI hat swissuniversities damit beauftragt, gemeinsam mit dem SNF eine nationale OA-Strategie auszuarbeiten. Anfang 2016 hat der SNF zudem gemeinsam mit SUK P-2 (Programm von swissuniversities) eine Finanzflussanalyse in Auftrag gegeben. Diese soll die finanziellen Grundlagen sowie Vorschläge für den Umbau des Schweizer Systems formulieren. Der SNF wird die internationale OA-Entwicklung weiterverfolgen und allfällige Anpassungen vornehmen – nach dem Motto des auch von ihm unterzeichneten Statements der League of European Research Universities (LERU): «Christmas is over. Research funding should go to research, not to publishers!»

Die OA-Politik des SNF

Der SNF unterstützt das Prinzip des offenen elektronischen Zugangs (Open Access) zu wissenschaftlichem Wissen und fördert dabei zwei Wege:

Grüner Weg von OA
Der SNF verpflichtet die von ihm unterstützten Forschenden, ihre in einer Zeitschrift veröffent­lichte Publikation spätestens nach sechs Mo­naten über ein Repositorium frei zugänglich zu machen (sofern keine unüberwindbaren recht­lichen oder technischen Hindernisse bestehen).

Goldener Weg von OA
Der SNF ermöglicht den Forschenden, Kosten für direkte Veröffentlichungen in reinen OA­-Zeitschriften über ihre Projektbudgets zu decken (maximal bis 3’000 Franken).

Weltweit steigt der Gold-­OA-­Anteil bei wissen­schaftlichen Artikeln pro Jahr um rund einen Prozentpunkt an. Er liegt heute bei 13 bis 14%. Bei den Publikationen aus SNF­-geförderter Forschung liegt der Gold- und Green-­OA-­Anteil zusammen nach Validierung bei knapp 40% (ohne persönliche Website

 


Im Rahmen des 2015 lancierten Pilotprojekts OAPEN-­CH sammelt der SNF gemeinsam mit den involvierten Verlagen Erfahrungen zum Publikationsprozess von OA-­Monografien sowie Daten zu Herstellungskosten, Nutzung und Verkauf von gedruckten und digitalen Büchern. In der ersten Ausschreibung hat der SNF 27 OA-­publizierte Bücher unterstützt. Ein erster Zwischenbericht wird voraussichtlich im Sommer 2016 erscheinen.