Trends in der Medizin

Urs Frey, Präsident der Abteilung Biologie und Medizin des SNF, skizziert künftige Trends in der medizinischen­ Forschung. Er ist ärztlicher Direktor des Universitäts-Kinderspitals beider Basel sowie Kliniker mit Erfahrung bezüglich Kinder­- und Jugenderkrankungen und in Pathophysiologie.

Herr Frey, wohin bewegt sich die medizinische­ Forschung, und welche Trends sehen Sie?

Mit der steigenden Lebenserwartung wird die Entwicklung regenerativer Therapieansätze wie etwa für degenerative Erkrankungen und Krebs immer wich­tiger. Ebenfalls im Aufschwung ist die Erforschung ­seltener Krankheiten. Durch Umwelteinflüsse, Fehl­ernährung oder psychosoziale Belastungen bedingte Krankheiten betreffen immer grössere Bevölkerungsgruppen und steigern die Gesundheitskosten. In ­Zukunft wird sich die Medizin stark auf die Erforschung von Prävention und Behandlung dieser ­komplexen Erkrankungen wie beispielsweise Asthma, Bluthochdruck, Diabetes und Alzheimer ausrichten. Durch ein komplexes­ Zusammenwirken genetischer Umwelt- und Lifestyle-Faktoren sind bei jeder Person solche Krankheiten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sie werden in grossen Patientengruppen erforscht, mit dem Ziel, eine auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Therapie zu entwickeln (persona­lisierte Medizin).

Welche generellen Voraussetzungen müssen für eine optimale medizinische Forschung geschaffen werden?

Eine international vernetzte Grundlagenforschung und Technologieentwicklung – ausgesprochene Stärken der Schweiz – sind wichtige Voraussetzungen für eine gute medizinische Forschung. Schlanke, landesweit vereinheitlichte regulatorische Anforderungen sowie der Zugang zu grossen, qualitativ hochstehenden klinischen Daten- und Gewebebanken, die an verschiedenen Spitälern aufgebaut werden, erleichtern die Durchführung von translationalen und multizentrischen Studien.

Welche spezifischen Aufgaben kommen dafür auf die Forschung und insbesondere­ die klinische Forschung zu?

Die interdisziplinäre und translationale Zusammenarbeit von Biologen und Medizinern, etwa mit Ein­ bezug moderneromics-Technologien, bildet die Grund­lage der «Evidence based»-Medizin. Die Forschungsausbildung­ junger Ärztinnen und Ärzte und die Sicherstellung­ von Forschungszeit sind wichtige Voraussetzungen für die qualitativ hochstehende klinische Forschung.

Wie unterstützt der SNF diese Ent­wicklungen?

Der SNF unterstützt die klinische Forschung durch eine Reihe von konzertierten Massnahmen. Den Klinikerinnen­ und Klinikern stehen alle Karriere­instrumente des SNF offen, die Teilnahmebedin­gungen sind dem klinischen Curriculum angepasst. Die «Protected Research Time for Clinicians»-Initiative garantiert­ jungen Klinikern­ mindestens 30 Prozent Forschungszeit für ihre Projekte. Die Swiss Clinical­ Trial Organisation und ihre sechs Clinical Trial Units stehen den Forschende als Kompetenz- und Servicezentren zur Verfügung. Mit der Swiss Biobanking Platform sollen Datenqualität und Vernetzung lokaler Biobanken gefördert werden. In den Longitudinalstudien (Kohortenstudien) stehen interessierten Forschenden qualitativ hochstehende Langzeitdaten zur Verfügung. Das neue «Investigator Initiated Clinical­ Trials»-Programm ermöglicht grössere, industrieunabhängige klinische Studien.